Mittwoch, 27. August 2014

Ein Reisebericht über Estland

Es gibt wohl Leute, die nur Klotys-Welt lesen. Für diese Leute hier ein Link auf meinen anderen Blog, wo die Reise nach Estland beschrieben wird.

Freitag, 22. August 2014

Eindrücke vom Rock’n’Heim 2014

Schon letztes Jahr wurde Rock’n’Heim auf Hockenheimring mit einer Hammer-Lineup als kleiner aber feiner Festival etabliert. Voriges Jahr hat es nicht geklappt hinzufahren, dieses Jahr war die LineUp ähnlich vielversprechend, deswegen packte ich mein Zelt, mein Schottenrock und ein paar andere Utensilien und machte mich auf den Weg ins Badische. Diverse Leute, die mitkomen wollten, blieben allesamt zu Hause, nun ja...

Ein paar Worte zum Festival selbst. Es ist von Marek Lieberg veranstaltet und eigentlich sollte die Organisation perfekt sein, denn wer Rock am Ring schmeissen kann, für den sollte so eine 25.000 Leute Veranstaltung eigentlich mit links zu erledigen sein, aber es gab einige Dinge zu verbessern:

- Von dem entferntesten Camping-Platz zur Bühne waren 20 min zu laufen. Zwei mal zum Zelt und zurück, schon ist man fast 1 ½ Stunden unterwegs. Wenn es einen zweiten Eingang gegeben hätte, wäre der Weg um die Hälfte kürzer. Ein Pluspunkt waren die Campingplätze selbst. Durch Raumteiler konnte man sein Zelt bequem aufschlagen, ohne den anderen Platz wegzunehmen.
- Vom Camping-Platz zum Bahnhof waren 2,5 km Entfernung. Ein Shuttle wäre nett gewesen
- Recht schlechte Information wann welche Band wo auftritt. Klar, die Generation Smartphone hat ihre Festival-Apps, aber der Akku ist irgendwann leer und es gibt keine Möglichkeit es aufzuladen. Es müssen keine Heftchen sein, die zum Müllaufkommen beitragen, aber zumindest Handzetteln, die an den Campingplätzen verteilt wären, wäre eine gute Idee gewesen
- Zwischen beiden Bühnen musste man recht weiten Umweg laufen, direkter Weg war irgendwarum abgesperrt
- The Prodigy war der Hauptakt um 21:00 am Sonntag. Wenn man bedenkt, dass Freitag in Ba-Wü kein Feiertag war, dann musste man sich Freitag und Montag freinehmen, um alle guten Konzerte mitnehmen zu können, nicht alle sind faule Schüler und Studenten. Insgesamt war der Zeitplan optimierungsfähig
- Für mein Geschmack war zu viel Security unterwegs, die recht auffällig bekleidet war. Vom Southside kennt man das nicht, die gewisse Anarchie, die auf solchen Festivals entsteht, gedeiht am besten, wenn keine Security auffällt. Immerhin waren die Securities freundlich, haben mit den weiblichen Besucherinnen geflirtet und zu Musik genickt. Angeblich wurden ein paar Rauchbomben geworfen und Fackeln angezündet, da waren die Leute gleich zur Stelle, danke schön.
- Wie gesagt, die lockere Stimmung von Southside war nicht da. Nur ein notgeiler Typ mit Free Hugs Schild, die Nachfragen nach „traditionellem“ Tragen von Schottenrock kamen nur von besoffenen Kerlen, T-Shirts wurden auch keine hochgerissen. Vielleicht lag es auch an der Umgebung, Southside-Gelände ist eher festival-geeignet, am Hockenheim-Ring fühlte man sich eingesperrt, die Gebäude sind für Massenveranstaltungen konzipiert und sind zumindest für meinen Geschmack etwas zu steril und auf Kommerz getrimmt. Es kommt Verdacht auf, dass man das Festival in Veranstaltungskalender reingequetscht hat, um die leeren Kassen von Hockenheimring etwas zu füllen. Ob die Rechnung aufgegangen ist, wird man sehen, angeblich hat man mit 40.000 Leuten gerechnet, gekommen sind 25.000.


Das Wetter war etwas instabil


Aber die Besucher haben sich gut darauf eingestellt

Jetzt zu den einzelnen Bands:

The Kyle Gass Band: Die Band vom anderen Typen (also nicht vom Jack Black) von Tenacious D. Solider Rock mit etwas Country. Etwas ernstere Ausgabe von Tenaciuos D, vielleicht werden sie bekannter, vielleicht aber auch nicht

Wirtz: Frankfurter Jung Wirtz mit dem Song LMA, den er allen Studienbossen widmet, die sein Demotape abgelehnt haben. Spielt mit der Attitüde von ganz unten sich zum Nachmittagsakt von Rock’n’Heim hochgearbeitet zu haben, lieber zu hungern, aber das zu machen, was ihm Spass macht. Hat schon einige weibliche Fans, die alle Lieder mitsingen.

Airbourne: Wo AC/DC angefangen haben, da sind Airbourne stehengeblieben. Als Bon Scott starb, wanderte seine Seele wohl in den Kopf vom Sänger von Airborne. Der hat nichts besseres damit zu tun, als Bierdosen gleich reihenweise an eben diesem Kopf zu zerschlagen, bis sie platzen. Die drei Gitarristen haben einen Preis im Synchronschwingen von Gitarren verdient.

The Neighbourhood: Die Jungs aus Kalifornien kommen ganz klar aus der Rock-Ecke. Weiß, wie die meisten Mitarbeiter von Apple, Tatoos wohin man auch guckt, Lederjacken und Hosen, Sonnenbrillen im Regenwetter, Gitarren. Der Sound ist aber ueberraschend soulig und groovy, der Sänger, besonders nachdem er die Brille abgenommen hat, strahlt Charisma aus und füllt die Bühne mit seiner Präsenz aus, trotz des recht krispeligen Körperbaus. Könnten durchaus noch bekannter werden, Potential ist auf jeden Fall vorhanden.

Die Antwoord: Dieser Text wird jetzt sexistisch, empfindsame Naturen bitte nicht weiterlesen. Vor zwei Jahren, als ich Die Antwoord auf Southside gesehen habe, ist das Festival damit gelaufen, denn das zu übertreffen war nicht möglich. Damals kannte ich die Videos noch nicht und die Sängerin Yolandi war zu weit weg. Diesmal war ich ca. 20 Meter entfernt und starrte wie gebannt auf diesen wundervollen Hinteren, das ohne eine Spur von Zellolythe im enganliegenden Shorts vor mir wackelte. Beyonce, Shakira und wie ihr alle anderen heisst, ihr habt keine Ahnung, wie wenig man braucht, um einen Mann zu hypnotisieren, damit er inmitten einer hüpfenden Meute mit offenem Mund stehenbleibt und an nichts anderes mehr denkt. Ich weiss gar nicht, warum man die anderen Tänzerinnen mitgebracht hat, die störten nur den Eindruck von diesem perfekten Bauch und Po. Wenn man Yolandi vor Augen hat, braucht man keine Pornos mehr. Natürlich war auch Ninja da, der sich die Zeit damit vertrieb, Stagediving zu machen und Zähne zu fletschen. Und ja, DJ Hi-Tek will fuck you in the ass, till you love it. Welcome to my world, bitch!

The Parov Stelar Band: Senior Coconut benutzt Computer um Latinotänze auf die neue Stufe zu heben. Der Rhythmus wird vom Rechner vorgegeben, die Band drumherum begleitet nur. Denselben Prinzip benutzt The Parov Stelar Band für 20-er Jahre Jazz. Parov Stelar ist für Programming zuständig, der Trompeter, Saxofonist, Drummer und Bassist für das Live-Feeling, wobei man nicht weiss, welcher Sound jetzt woher kommt. Für die Stimme und Party ist eine langbeinige Schönheit zuständig, was ihr sehr gelingt. Der Rhythmus geht sofort ins Bein, man denkt an die nichtbesuchte Tanzschule und versucht ein paar Rock-n-Roll moves nachzumachen. Macht sehr gute Laune und für ein Konzertbesuch mit tanzbegeisterten Partnerin sehr zu empfehlen. Eine sehr nette Idee war es bei den Visuals ein Abspann zu zeigen, wer ausser den Musikern an der Gruppe beteiligt ist.

Beatsticks: Habe mich auf Beatsticks ehrlich gefreut, ein paar Mitgröllsongs kennt man. Es sind auch klasse Band, keine Frage, macht Laune, sorgt für Stimmung, aber am Ende der Tage ist es wieder eine Hardrock-Punk Band, wie es schon so viele gibt, also nicht wirkich was neues. Für Lokal Heros aus Berlin taugen sie ganz gut, aber ich hatte Lust auf was anderes, ging deswegen nach ein paar Songs weiter.

Outcast: Solange ich denken kann erklärt man HipHop immer wieder für tot. Und immer wieder kommt jemand und belebt es wieder. Eine solcher Bands ist zweifellos Outcast. Ich gebe zu, ich kenne mich im HipHop nicht so gut aus, weiss nicht, was JayZ oder Kaynie West am Start haben, aber es macht viel Spaß Outcast zuzuhören, egal ob man die Lieder kennt, oder nicht. Solange es Outcast gibt, ist HipHop nicht totzubekommen.


Während des Aufbaus


Während des Auftritts

Deadmau5: Es ist halb eins, es wird langsam kalt und ich bin müde. Soll ich auf einen mir kaum bekannten Künstler Deadmau5 warten, oder zum Zelt laufen? Ich frage die umstehenden Leute, die meinen Deadmau5 spielt Elektro, aber nicht im Sinne von LMFAO oder Skrillex, sondern Minimal und er trägt eine Mausmaske. Klingt immer noch nicht überzeugend, aber ich beschliesse zu bleiben, die Aufbauten sehen schon mal imposant aus. Es sind so eine Art 3D-Tetrisblöcke, die auf die Bühne geschafft werden, eins wird knapp unters Dach hochgezogen. Jede Blockoberfläche entpuppt sich ais ein Bildschirm. Ausserdem wird ein gigantisches X aus Stroboskopen und Scannern aufgebaut. Es wird dunkel, die ersten Beats ertönen, das Licht geht an und eine Figur mit einer Maske, die eine Mischung zwischen MickeyMouse und Kermit dem Frosch darstellt, klettert hinter den größten Block. Was danach folgt, läßt meine Kinnlade nach unten fallen und nicht wieder hochklappen. Es ist eine Performance vom anderen Stern, nichts daran ist noch menschlich, weder die Sounds, noch die Visuals, die Effekte zeigen, die keinem menschlichen Hirn entsprungen sein können. Und oben steht eine Figur mit grossen runden Ohren und deutet manchmal Klatschen oder Handausstrecken an. Und die Leute verneigen sich vor diesem ausserirdischen Event und folgen der Maus. Die Klänge sind alle synthetisch, nur manchmal wird die Illusion durch den Einsatz von Vocals durchbrochen. Nach zwei durchgetanzten Stunden kehren wir in die irdische Wirklichkeit zurück, Deadmau5 steigt von seinem Podest herunter, nimmt die Maske ab und entpuppt sich als ganz normaler Mensch mit roten Haaren. Aber er ist ein Getriebener, immer auf der Suche nach dem perfekten Sound, nach den nächsten Geräusch den er in seine Tracks einbauen kann, nach der nächsten Inspiration, immer auf eine Überraschung hoffend. Er bittet uns einen Geräusch zu machen. Vielleicht hofft er auf die Intelligenz der Masse, dass wir nach seiner Show uns im Kollektiv was Neues einfallen lassen. Aber es kommt natürlich nur ein kollektives Jauchzen aus vier tausend Kehlen heraus, das läßt sich wohl nicht so gut einbauen, also zieht Deadmau5 enttäuscht ab. Ich gehe zum Zelt und begreife den Sinn meines Berufes. Ich mache Mikroelektronik, damit Leute wie Deadmau5 sie bis zum Äussersten ausreizen können und solche nicht von dieser Welt stammende Sounds und Visuals entwerfen können. Dieser Gedanke beruhigt mich ungemein und ich schlafe ein, träumend von einer Maus, die im Rennwagen durch Lichttunnel flitzt.

Sondaschule: Tag zwei fängt mit der deutschen Band Sondaschule an. Lustiger Ska-Punk, alle ausser dem Sänger sind in grün-schwarze Karo-Anzüge angezogen, die Texte sind intelligent, die Bläserfraktion gut dabei. Es sind schon einige Fans mit T-Shirts unterwegs, bisher macht die Band alles richtig.

Architects: Geschrei aus England im Baumfällerhemd

Broilers: Sehr sympatische Oi-Punk Gruppe aus dem Pott, der Name ist angeblich einem Ossi-Freund eingefallen. Hübsche Bassspielerin, die alle Texte lauthals mitsingt, leider aber eine Pips-Stimme hat, so dass sie nicht ans Mikro ran darf. Politische Einstellung stramm links (bei der Oi-Fraktion weiss man es immer nicht so genau), verbreiten super Stimmung und es macht einfach Spass ihnen zuzuschauen, wie sie das Auftreten lieben. Schaue mir sehr gerne wieder an.


Noch ein paar Eindrücke von Tag 2

Korn & Skrillex: Wie es der Zufall so will traten Korn und Skrillex nacheinander auf. Obwohl die Musik der beiden komplett unterschiedlich ist, gehören beide zu meinen Lieblingsbands und sie haben doch mehr gemeinsam, als auf den ersten Blick erscheint. Beide haben ihre Genres revolutioniert, Korn erfanden nu-Metal, durch Skrillex ist Dubstep populär geworden.

Was ist der Sinn der Kunst? Man kann viele Antworten darauf finden, aber eine Antwort ist es den Zuhörer/Zuschauer zu faszionieren, intellektuell herauszufordern, damit er sich frägt, wie man diese Kunst erschaffen hat, es ist also eine technische Komponente, die den Fortschritt an künstlerischen Arbeitsmitteln dokumentiert. Jede Generation hat ihre Antworten, angefangen mit Höhlenmalereien über die Erfindung des perspektivischen Zeichnens bis zu den modernsten 3D-Effekten im Kino, wo jedes Pixel beliebig veränderbar ist. In der Musik sind es neue Instrumente, neue Ausdrucksformen. In den 70ern waren es Kraftwerk und Can, in den 80ern Die Einstürzenden Neubauten, in den 90ern Bands wie Aphex Twin, The Prodigy und Atari Teenage Riot, die in der Dance Musik neue Massstäbe gesetzt haben, im Rock waren es Rage Against The Machine, Tool, System of a Down und eben Korn, die neue Sounds erfanden. Solche Lieder wie Twist, Daddy oder Blind eröffneten neue Welten, die es zu erkunden gab.

Es gibt eine legendäre Platte, Judgement Night Soundtrack, wo die führenden Dance-Produzenten und Rock-Musiker dieser Zeit aufeinander trafen, damals waren die beiden Sounds gleichberechtigt. Doch was sehen wir jetzt? Jonathan Davis und seine Mannen ziehen noch immer eine perfekte Shows ab, aber Jonathan geht nach jedem Song zu einem Kästchen mit einer Sauerstoffmaske, um Energie zu tanken. Head musste während der Russland-Tour an den Nieren operiert werden, die Band pfeifft also buchstäblich aus dem letzten Loch. Kam in den letzten Jahres nach Korn was Neues im Rock, also kein Geschrammel, was zwar unterhaltsam ist, aber intellektuel herausfordernd? Die Wacken-Besucher werden mir Beispiele von Metal-Bands nennen, die virtuos sind, aber erreichen sie den Massengeschmack?

Auftritt Skrillex. Die Visuals zwar nicht so vom anderen Stern, wie bei Deadmau5, es werden viele Internet-Mems verarbeitet, der Zuschauer kann also mehr was damit anfangen, aber die Sounds sind ähnlich brutal wie bei Korn, aber auf eine komplett andere Art und Weise. Jede Note kann einzeln geändert, alles kann auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt werden, in den letzten zwei Jahren hat Skrillex unglaublich an Breite gewonnen, es werden HipHop, Reggae, ProgRock und fetten Beats fröhlich zusammengemischt, um dem Zuhörer das Gehirn zu formatieren. Wie kann da eine Rockband auch mit aufgemotzten Gitarren und allen möglichen digitalen Effekten dagegenhalten? Der Computer hat gesiegt, es ist kaum vorstellbar, dass Rockmusik noch dagegenhalten kann. Folglich gestehen Korn, dass sie in der Umkleidekabine Dubstep hören und es gibt auch Zusammenarbeit mit Skrillex. Skrillex und Deadmau5 sind die Sieger, sie werden auch als erste die Transzendenz erreichen, da bin ich mir sicher.

Ich kann mir nicht vorstellen, was danach kommen soll. Die komplette Freiheit bei der Gestaltung der Musik ist erreicht, es gibt keine Grenzen mehr. Jeder Sound ist erzeugbar, jedes Geräusch kann aufgenommen und verändert werden. Beliebige Menge an Audiospuren können hinzugefügt, verfremdet und einzeln angesteuert werden. Skrillex, Deadmau5 und andere Künstler zeigen, dass das Potential des Menschen, was Musikerzeugung angeht unendlich ist, für einen Zuhörer ist das Stadium erreicht, an dem die Musik wie jede andere fortgeschrittene Technologie von Magie nicht zu unterscheiden ist. Das war die wichtigste Lehre aus diesjährigem Festival.